Schon der Titel versprach einiges – und wir wurden nicht enttäuscht: Eine Millionärin, die in ihre heruntergekommene Heimatstadt zurückkehrt, ein Bürgermeister, der plötzlich Schweißausbrüche bekommt (dies hatte allerdings nichts mit der Bürgermeisterstichwahl in Wuppertal zu tun) und ein moralisches Dilemma, das so groß ist, dass es wahrscheinlich nicht einmal in ein Mathe-Abi passen würde.
Die Inszenierung war alles andere als „verstaubte Literatur“: Ein modernes Bühnenbild, pointierte Dialoge und Schauspielerinnen und Schauspieler, die uns gleichzeitig zum Lachen und Nachdenken brachten. Besonders Claire Zachanassian – die alte Dame höchstpersönlich – zeigte, dass Rache nicht nur süß, sondern auch ziemlich stilvoll sein kann.
Für uns war schnell klar: Wenn jemand mit einem Milliarden-Scheck wedelt, bleibt Moral offenbar gerne mal auf der Strecke. Zum Glück mussten wir diese Entscheidung nicht treffen – wir konnten einfach genießen und gespannt zuschauen, wie sich die Lage in Güllen zuspitzte und sich der Bildung und Moral repräsentierende „Gymnasiallehrer“ auf der Bühne bis auf die Unterhose entblößte.
Fazit: Ein großartiger Theaternachmittag, der bewiesen hat, dass Literatur richtig Spaß machen kann und dass man vielleicht besser zweimal überlegt, wenn ein reicher Gast plötzlich in der Stadt auftaucht.
(Text: KSt)
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